Datenschutz: NEOS wollen 129 Staatsregister verknüpfungen?

Am 1. März brachten die NEOS im Parlament einen Entschließungsantrag ein zu dem bei allen Datenschützern die Alarmglocken schrillen müssen. Die NEOS fordern einen ambitionierten Zeitplan für die Verknüpfung der Registerdaten. Sie sehen die „Lücken“ im österreichischen Datensystem groß. Dem Staat würden gezielt Informationen fehlen. Somit ist das Ziel der kürzlichen NEOS Anfragewelle zu den staatlichen Registern an die Ministerien klar. Die NEOS interessiert mehr die zukünftige staatliche Abfragemöglichkeit in den Registern als der Datenschutz personenbezogener Daten von 9 Millionen Österreichern in 129 Registern. Scheinbar unbeeindruckt von den letzten großen Datenschutzskandalen der A1 Telekom, GIS, Post AG träumen die NEOS vom einem gesamtstaatlichen Datenverbund mit Abfragemöglichkeiten über alle 9 Millionen Österreicher in allen Registern.

Die gläsernen Staatsbürger – der gläserne Staat

Zu den künftigen und aktuellen Möglichkeiten eine Erinnerung. Im Jänner 2023 sollte allen nicht geimpften Österreichern und allen denen eine Covid19 Grundimunisierung fehlt ein Erinnerungsschreiben des Grünen Gesundheitsministers zugestellt werden. Es kam nicht zur angekündigten Maßnahme. Aber wie sollte man eine solche „Herausfilterung“ von Menschen aus verschiedenen verknüpften staatlichen Registern nennen? Eine „einfache Abfrage“, nein das kommt schon näher an eine staatliche Rasterfahndung hin.

https://handbuch-ueberwachung.at/

Die Rasterfahndung ist ein automationsunterstützter Abgleich personenbezogener Daten

„So können Datenbanken nach kennzeichnenden oder ausschließenden Merkmalen Verdächtiger durchsucht werden oder auch verschiedene Datenbanken auf solche Merkmale verglichen werden und Schnittmengen gebildet werden. Gerade in Zeiten von Big Data kann dieser Befugnis große Bedeutung zukommen. Im Bereich der Sicherheitspolizei und des Verfassungsschutzes ist die Rasterfahndung unzulässig. Schon in den Erläuterungen zur Einführung heißt es, die Rasterfahndung solle nur zur Aufklärung eines bereits begangenen Verbrechens eingesetzt werden, nicht allerdings präventiv. Besonders sensible Kategorien dürfen in die Rasterfahndung nicht einbezogen werden. Ausnahmen sind u.a. die Staatsangehörigkeit, und andere rechtmäßig erhobene Daten wie DNA im Rahmen einer kleinen Rasterfahndung. Eine Rasterfahndung muss vom Gericht bewilligt und von der Staatsanwaltschaft angeordnet werden. Die Merkmale, nach denen gesucht wird, die Datenbanken und die zur Datenübermittlung Verpflichteten müssen schon in der Bewilligung genau bestimmt sein.“ – Zitierung Punkt 8.4 Rasterfahndung aus dem Handbuch Überwachung von epicenter.works  Plattform Grundrechtspolitik.

Über die Impfpflicht wollte die Bundesregierung und Ministerien sensible personenbezogene Gesundheitsdaten abfragen. Dies ohne eine vorliegende Datenschutzfolgenabschätzung für das Impfregister (ELGA) und verknüpft Personen- und Melderegister. Mit dem Ziel automatisiert Zustellungen an Ungeimpfte durchzuführen. Am Ende dieses Abfragevorganges sollte ein Verwaltungsstrafbescheid der Bezirksbehörden an die „Impfunwilligen“ stehen. Zwischenzeitlich wurde dazu im Parlament die gesetzliche Grundlage geschaffen. Die nachgelieferte Datenschutzfolgenabschätzung der ELGA GmbH brachte jedoch die Impfpflicht und solche Rasterabfragen vorläufig zu Fall. Die Folgenabschätzung der ELGA GmbH ist bis heute nicht veröffentlicht worden. Zu den aktuellen Plänen der Volldigitalisierung und Öffnung der Gesundheitsdaten des Digitalisierungsstaatsekretärs, des Gesundheitsministers und der  neuen Leitung der ELGA GmbH ist Wachsamkeit angesagt. Zur ELGA Leitung. Zufällig nach der ELGA Covid Datenschutzfolgenabschätzung wurde der Vertrag des Vorgängers nicht mehr weiter verlängert.

NEOS doch keine Kämpfer für  Grund- und Freiheitsrechte?

Die NEOS orteten 2021 noch einen „gravierenden Angriff auf die Grund- und Freiheitsrechte“, den sie mit allen Mitteln bekämpfen werden. Wobei die Glaubwürdigkeit der NEOS zu hinterfragen ist, da sie am 24.3.21 in einem Antrag die nächste Zwangsmaßnahmen gegen die Bürger im ELGA Gesundheitsregister forderten. Geht es nach den NEOS sollen ambulante Laborbefunde für alle Österreicher im ELGA freigeschalten werden. Auch wenn durch den Bürger mit einem ELGA-OptOut die Befundfunktion deaktiviert ist, oder der Bürger im ELGA-Optin Befunde selbst ausblendet hat, sollen ambulante Befunde vom Widerspruchsrecht ausgenommen sein. Nach dem staatlich erzwungenen eImpfregister wäre dies nun der zweite gesetzmäßige Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger ohne ihre Zustimmung. Laborbefunde für den Staat und zukünftige Zugriffsberechtigte freizuschalten, weil es die NEOS wollen?

Kick-Off Veranstaltung Start Austrian Micro Data Center am 14. Oktober 2022 Foto: Martin Lusser/BMBWF

Das Austria Micro Data Center (AMCD)

Das AMCD ermöglicht der Wissenschaft und Forschung Zugang zu Mikrodaten. Die NEOS kritisieren, daß derzeit zu wenige öffentliche Register dort angebunden seien. Grundlage dazu ist eine Registerforschungsordnung. Forschung und Wissenschaft „hebeln“ meist die DSGVO aus. Mit der geplanten Novelle wurde die bisher dezentral organisierte Registerforschung nun zentral über die Statistik Austria, als one-stop-shop für die Wissenschaft (AMDC), abgewickelt und der Zugang zu den Statistik- und Registerforschungsdaten über einen Fernzugriff für wissenschaftliche Einrichtungen erlaubt.

Weiters bricht das vorliegende Gesetz mit einem in Österreich seit vielen Jahrzehnten festgeschriebenen Grundsatz: Daten, die mit einem bereichspezifischen Personenkennzeichen (bPK) versehen sind, sind als pseudonyme Daten zu behandeln, es handelt sich dabei nicht um anonyme Daten. Mit dieser Vorgangsweise wird nicht nur versucht das gesamte Datenschutzregime auszuhebeln (für anonyme Daten gilt weder die DSGVO noch das DSG noch sind Datensicherheitsmaßnahmen vorgeschrieben), sondern es wird auch versucht die betroffenen Personen um alle ihre Betroffenenrechte aus der DSGVO zu bringen!

Es sollen Daten der amtlichen Statistik sowie Registerdaten aller Bundesministerien, die diese mittels Verordnung freigeben, zugänglich sein. Für die Freigabe der Registerdaten ist eine gemeinsame Verordnung der jeweils betroffenen Ressorts mit dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung gemäß § 38b FOG vorgesehen. Welche Registerdaten freigegeben werden, obliegt den jeweiligen Ministerien selbst. Zugangsvoraussetzungen zum AMDC werden im Bundesstatistikgesetz 2000 geregelt und fallen damit in den Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzleramtes. Die allgemeinen Zugangsvoraussetzungen für wissenschaftliche Einrichtungen, um Forschung mit Registerdaten zu betreiben, sind im FOG festgelegt.

Registerforschung

Mit der Novellierung des FOG sollen die Bestimmungen zur Registerforschung der Bundesministerien im FOG mit den Bestimmungen in der vorgesehenen Novelle zum Bundesstatistikgesetz 2000 vor allem im Hinblick auf den Zugang der Wissenschaft zu den Statistikdaten der Statistik Austria und der Einrichtung eines AMDC bei der Statistik Austria angepasst werden, um Widersprüche zwischen den Bestimmungen zu vermeiden. Die Bestimmungen zur Registerforschung wurden 2018 mit dem Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018 – Wissenschaft und Forschung (WFDSAG 2018), BGBl. I Nr. 31/2018, eingeführt.

Im Zuge der Ausweitung der zugriffsberechtigten Institutionen und der potenziell geöffneten Register sollte es nicht – wie derzeit geplant – zu einer Abschwächung der Protokollpflichten für zugriffsberechtigte Personen kommen. Ein etwaiger Missbrauch der Daten kann nach dem vorliegenden Entwurf durch die Statistik Austria nur mittels Stichproben oder Algorithmen erkannt werden. Wir plädieren dafür, der Statistik Austria per Gesetz eine vollumfängliche Kontrolle der Verarbeitung der Daten des Austrian Micro Data Center einzuräumen. Schließlich ist angesichts dieser derart weit reichenden Eingriffe nicht nachvollziehbar, warum keine Datenschutz-Folgenabschätzung vorgenommen worden ist.

Öffnungsklauseln in Bezug auf die DSGVO in den einzelnen Ministerien

Die DSGVO sieht eine privilegierte Stellung von wissenschaftlicher und historischer Forschung, Statistik und Archiven im öffentlichen Interesse bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und Registern als gerechtfertigt an. Welche dieser Register forschungstauglich im Sinne des Forschungsorganisationsgesetzes sind und in die gemäß § 38b FOG zu erlassende Verordnung des BMBWF aufzunehmen sind, ist noch Gegenstand der Einvernehmensherstellung mit dem BMBWF, wobei angemerkt wird, dass der überwiegende Teil der von der Justiz geführten Register bereits öffentlich und damit der Wissenschaft und Forschung sowie jedermann frei zugänglich ist. Die nichtöffentlichen Teile unterliegen spezifischen gesetzlichen Regelungen der Einsichtnahme (zu wissenschaftlichen Zwecken) in den einschlägigen Verfahrensgesetzen die im Stufenbau der Rechtsordnung als leges speciales dem FOG (und der hiezu ergangenen Verordnung) vorgehen.

Aushebelung Datenschutz im Forschungsbereich

Wissenschaft und Forschung kommt innerhalb der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eine besondere Rolle zu. Die DSGVO hat sich zum Ziel gesetzt „die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen und insbesondere ihr Recht auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten zu schützen und den freien Verkehr personenbezogener Daten innerhalb der Union zu gewährleisten“. Dabei soll „die Verarbeitung personenbezogener Daten im Dienste der Menschheit stehen“ und zur Erleichterung der wissenschaftlichen Forschung beitragen. Deshalb wurden zahlreiche Öffnungsklauseln (insbesondere Art. 89 DSGVO) in der Datenschutz-Grundverordnung vorgesehen, um die legitimen gesellschaftlichen Erwartungen in Bezug auf einen Wissenszuwachs zu beachten. Um diese Öffnungsklauseln bestmöglich zu nutzen, wurden spezielle Datenschutz- und Datenverarbeitungsbestimmungen vor allem im Forschungsorganisationsgesetz (FOG), BGBl. Nr. 341/1981 geschaffen, um im Sinne einer gedeihlichen Entwicklung des Hochschul-, Forschungs- und Innovationsstandortes Österreich, praxisnahe Regelungen für die im öffentlichen Interesse liegenden Archivzwecke, die wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecke oder die statistischen Zwecke, insbesondere für pseudonymisierte Daten und Regelungen zur Registerforschung zu schaffen sowie Rechtssicherheit insbesondere für bereits bestehende biologische Proben- und Datensammlungen zu gewährleisten.

Nur ein kleiner Teil der Staatsregister im Registersystemverbund

Der 2020 eingeführte  Registerverbund soll den effizienten Datenaustausch ermöglichen. Dazu hat Staatssekretär Tursky angekündigt sukzessive Österreichs 129 ! digitalen staatlichen Register im Registerverbund zu verknüpfen. Anfragewelle der NEOS an alle Ministeren bracht das Ergebnis, dass erst sechs Register angebunden sind. Die NEOS fordern eine zeitnahme Verknüpfung aller vorliegenden Register. Erst im letzten Satz des Entschließungsantrages folgt der Hinweis: „Dabei sollen auch die Risiken in Bezug auf den Schutz persönlicher Daten angemessen adressiert werden“.

Symbolbild pixabay.com

EMS: Einzigartige Datenbank aller Österreicher mit Handy- und e-Mail Zuordnung

Nicht zu vergessen ist, dass im EMS auch die Handynummer und eine Mail-Adresse zum Patienten gespeichert ist und zur Covid Nachverfolgung ein Screeningprogramm im Parlament beschlossen wurde. Dies könnte auch das Interesse heimischer und ausländischer Nachrichten- und Geheimdienste, sowie von Ermittlungsbehörden wecken. Immerhin sind aktuell im EMS die personenbezogenen zuordenbaren Handynummern und Mail-Adressen von fast allen 8 Millionen Österreichern gespeichert. Derzeit die einzige aktuelle Datenbank in Österreich die mit einer sehr hohen Datenqualität diese Kommunikationsdaten zur Verfügung stellt. Dies natürlich mit Zustimmung der Österreicher am Covid Test- und Impfformular. Die entscheidende Frage dazu ist, ob diese Daten im Sinne der DSGVO nach Ende der Covid Epidemie von Amts wegen zu löschen sind oder dies nur auf Ansuchen der Bürger auf Löschung stattfindet. Der Verdacht liegt nahe, dass dieser „Datenschatz“ bestehen bleibt.

Es wurde bereits ein EU-Staatsanwalt in Österreich installiert. Die Umsetzung der EU-Verordnung zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA-VO) hat eine entsprechende Regierungsvorlage, die mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS im Nationalrat beschlossen wurde, zum Ziel. Die unabhängige Behörde hat mit 1. Juni 2021 die operative Tätigkeit aufgenommen. Dazu soll samt Änderungen des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes, des Finanzstrafgesetzes und des Strafgesetzbuchs – das Bundesgesetz zur Durchführung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA-DG) erlassen werden.

https://www.brz.gv.at/presse/GruenerPass-BRZ-EPI.html

Der Schlüssel zu jedem Register – der bPK

Aus einer Stellungnahme der Statistik Austria: „Der Bundesanstalt „Statistik Österreich“ liegen weder die Identifikationsmerkmale der im EMS enthaltenen betroffenen Personen noch deren verschlüsselte Fremd-bPK-GH vor. Das bPK-AS existiert nicht als Verwaltungs-bPK und es besteht ein generelles gesetzliches Verbot zur Führung von Korrespondenzlisten von bPK-AS zu Identifikationsmerkmalen. Das bPK-GH stellt im Gegensatz dazu ein Verwaltungs-bPK dar. Eine Umschlüsselung von einem bPK in ein anderes bPK unterwandert die Bereichsabgrenzung des bPK-Systems und stellt einen Verstoß gegen das gesetzlich gebotene Pseudonymisierungssystem bPK-AS des Bundesstatistikgesetzes 2000 dar.“ Ein Gesundheitsminister der ein neues Gesetz auf den Weg bringt und im Rahmen der Begutachtung im Parlament derartige Wissenslücken und Unkenntnis zum Umgang mit  personenbezogenen Daten im Bereich der staatlichen Register und der Statistik Austria aufgedeckt werden, sollte so schnell als möglich von seinen Aufgaben entbunden werden. Denn hier versagt sowohl sein Kabinett als auch sein Beamtenstab im Ministerium.

Viele Fragen in Bezug auf die staatlichen Register sind nach wie vor offen

– Wie viele Register gibt es tatsächlich und wer sind die „Verantwortlichen“?

– Wer ist der „Verantwortliche“ im Sinne der DSGVO?

– Wie erhält der Bürger Auskunft nach der DSGVO zu allen Registern?

– Gibt es zu allen Registern Verarbeitungsverzeichnisse?

– Welche dieser Register sind öffentlich?

– Welche dieser Register sind nicht öffentlich?

– Auf welche Register hat der Bürger Zugriff (Handysignatur)

– Auf welche Register hat der Bürger keinen Zugriff?

– Zu welchen Registern gibt es LogFiles und Zugriffsprotokolle?

– Welche Register wurden bei der Volkszählung verknüpft?

– Welche Register wurden im Rahmen von Covid verknüpft?

– Wer sind genau ALLE Zugriffsberechtigten?

– Welche Rolle spielt die Statistik Austria dazu?

– Welche Rolle spielt dazu Austrian Micro Data Center“ (AMDC)

Das sind Fragen, welche die Mensch und betroffene 9 Millionen Österreicher interessieren. Der Fokus und das Schwergewicht der NEOS liegt anscheinend mehr in der Abfrage, Verknüpfung und staatlichen Nutzung der Registerdaten. Beeindruckend ist aber auch das Schweigen des Datenschutzrates und der Datenschutzbehörde zu den staatlichen Registern.

Akueller Rechnungshofbericht vom 3.3.2023 zum elektronischen Identitätsnachweis

E-ID startet dreieinhalb Jahre später als urprünglich geplant Bürgerkarte und Handysignatur sollten, so der Plan, bis 2020 durch den elektronischen Identitätsnachweis (E-ID) abgelöst werden. De facto war der E-ID bis zum Ende der Prüfung durch den Rechnungshof im Mai 2022 noch im Pilotbetrieb und somit noch nicht für alle geplanten Anwendungen einsetzbar. Gemäß einer Stellungnahme an den Rechnungshof soll der Echtbetrieb nun am 30. Juni 2023 starten. Das sind dreieinhalb Jahre später als ursprünglich geplant. Das Konzept „E- ID/ID-Austria“ wurde beim eGovernmentwettbewerb in Berlin als „Bestes Projekt zum Einsatz innovativer Technologien und Infrastrukturen 2022“ ausgezeichnet. Nur: Bei der Umsetzung des Konzepts ortet der Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht „Umstellung von der Bürgerkarte/Handysignatur auf den elektronischen Identitätsnachweis (E-ID)“ Verbesserungsbedarf. Zu viele Leistungen wurden an Externe ausgelagert. Damit begaben sich das damalige Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) und das Bundesministerium für Inneres (BMI) in große Abhängigkeit. Diese Abhängigkeit sollte reduziert werden. Außerdem wäre dringend eine Notfallplanung für den Echtbetrieb erforderlich, für den Fall, dass Komponenten des Systems ausfallen. Prüfungszeitraum waren die Jahre 2018 bis April 2022.

Die Handysignatur ist ein Erfolgsmodell. 74,58 Millionen durchgeführte elektronische (Handy-)Signaturen von 2,92 Millionen registrierten (Handy)- Signatur-Nutzerinnen und Nutzern wurden im Jahr 2021 verzeichnet. Europäische Sicherheitsstandards erfüllte sie jedoch nicht.

Mit dem 2017 im E-Government-Gesetz eingeführten elektronischen Identitätsnachweis (E-ID) sollten Bürgerkarte sowie Handysignatur an neuere technologische Entwicklungen angepasst werden. Der E-ID dient vor allem der eindeutigen Identifikation einer Person bei Online-Diensten. Mit der Umstellung sollten das Sicherheitsniveau erhöht, aber auch die elektronische Unterschriftsowie die Digitalisierung bestimmter physischer Ausweise wie etwa Führerschein und Zulassungsschein ermöglicht werden. Einzelne Komponenten des E-ID-Systems sind bereits jetzt im Pilotbetrieb verfügbar.

Keine ressortübergreifende Gesamtverantwortung für das Projekt

Ab 2018 oblag die technische Umsetzung des E-ID dem BMDW sowie dem BMI. Jedes Ministerium entwickelte die von ihm zu leistenden Projektteile selbst. Es gab keine ressortübergreifende Gesamtprojektleitung, daher fehlte auch eine ressortübergreifende Gesamtsicht zu Projektinhalten, Umsetzungsstand, Zeitplänen und Kosten. Diese Art der Projektorganisation begünstigte das Risiko, dass sich die Projektlaufzeit verlängerte und die geplanten Auszahlungen überschritten wurden. Erst Ende 2021 wurde mit dem neuen ressortübergreifenden Lenkungsausschuss ein entsprechendes Gremium eingerichtet.

Große Abhängigkeit von externen Unternehmen

Das BMI setzte von 2018 bis 2021 für den E-ID internes Personal im Ausmaß von rund 3.111 Personentagen sowie externe Dienstleister im Ausmaß von rund 7.700 Personentagen ein. Da das BMDW für das Projekt von 2018 bis 2021 nur 850 Personentage von internen Personalressourcen beanspruchte, benötigte es 11.070 Personentage von externem Personal. Auftragnehmer des BMDW war fast ausschließlich die Bundesrechenzentrum (BRZ) GmbH. Die beauftragten Tätigkeiten führten in den meisten Fällen Subauftragnehmer der BRZ GmbH aus.

Auch Leitungsaufgaben wurden ausgelagert

Es mussten nicht nur sämtliche Leistungen zur Produktentwicklung extern zugekauft werden, sondern auch Aufgaben, die typischerweise in der Entscheidungs- und Leitungskompetenz des Projektauftraggebers liegen. Dazu gehören etwa Konzeption und Projektmanagement. Dies führte zu einer hohen Abhängigkeit des BMDW von externem fachlichem Personal. Die Möglichkeit des BMDW, das Projekt hinsichtlich Ablauf, Inhalt und Kosten zu steuern, reduzierte sich deshalb. Nach Ansicht des Rechnungshofes beruhten die zeitlichen Verzögerungen von mittlerweile dreieinhalb Jahren auch auf den – gemessen am Projektumfang – zu geringen Personalressourcen des BMDW.

Abhängigkeit reduzieren

Von 2018 bis November 2021 vergaben das BMI sowie das BMDW 63 Aufträge an 13 verschiedene Unternehmen, die wiederum 21 verschiedene Subauftragnehmer einsetzten. Diese 63 externen Beauftragungen offenbaren insgesamt eine strukturell hohe Abhängigkeit der beiden Ministerien von externen Dienstleistern bei der Umsetzung des E-ID. Sie führten gleichzeitig zu einer weiteren Fragmentierung der Verantwortung für das E-ID-System und des Detailwissens über das E-ID-System. Der Rechnungshof empfiehlt, die aus der Vielzahl an externen Dienstleistern resultierende hohe Abhängigkeit zu reduzieren. Dies, um sicherzustellen, dass das erforderliche Detailwissen über die entwickelten IT-Systeme und IT-Anwendungen im Ressort vorhanden ist.

Leistung eines Kommunikationsberaters zu österreich.gv.at. unklar

Das BMDW beauftragte im Mai 2018 einen Kommunikationsberater mit der Konzeption und Implementierung des „Storytelling österreich.gv.at“ als Teil von österreich.gv.at. Im Oktober 2018 wurden dafür 36.000 Euro abgerechnet. Zum Ergebnis der Beschaffung legte das BMDW dem Rechnungshof einen 13-seitigen Foliensatz mit dem Titel „Kommunikationsplan österreich.gv.at. – Status Quo und Next Steps“ vor. Das Ministerium konnte keine Auskunft darüber geben, ob der Foliensatz eine im Rahmen des Auftrags erbrachte Leistung des Beraters war. Unklar blieb, welche (weiteren) konkreten Leistungen der Kommunikationsberater erbracht und wer diese abgenommen hatte. Im Juli 2019 beglich das BMDW eine Rechnung dieses Beraters mit dem Betreff „Storno Produktion Hilfevideos für Testphase österreich.gv.at“ über 16.800 Euro. Auch hier war das Ministerium im Rahmen der Prüfung durch den Rechnungshof nicht in der Lage, nähere Auskünfte zu erteilen. In beiden Fällen wurden keine Vergleichsangebote eingeholt. Der Rechnungshof empfahl die Prüfung möglicher schadensminimierender Maßnahmen.

Umfassende Notfallplanung dringend erforderlich

Die Gesamtarchitektur des E-ID-Systems ist modular aufgebaut und setzte sich im April 2022 aus insgesamt 15 funktionalen Bereichen zusammen. Jede dieser Komponenten erfüllt bestimmte Aufgaben, ohne die eine Gesamtfunktion nicht gewährleistet wäre. Der Ausfall einer einzigen kritischen Komponente kann dazu führen, dass das gesamte E-ID-System mit seiner Vernetzung in der österreichischen E-Government-Architektur nicht mehr funktioniert. Die notwendige ständige Verfügbarkeit aller Systeme im Registrierungsprozess erfordert dringend eine umfassende Notfallplanung für einen Ausfall. Der Rechnungshof kritisiert, dass eine solche Strategie nicht vorlag. In Summe leisteten das BMDW und das BMI für die bisherige Entwicklung des E-ID von 2018 bis 2021 Auszahlungen in Höhe von 19,44 Millionen Euro.

Zusammenfassung für die betroffenen 9 Millionen Österreicher um deren Daten (Datenschatz) es hier geht: Es ist nicht gut bestellt um den Datenschutz. Sowohl die Bundesregierung als auch die EU stehen hier nicht auf der Seite der Staatsbürger was den Datenschutz betrifft.

Für alle Firmen, Institutionen, Personen und überhaupt „Jeden und „Alles“ gilt die Unschuldsvermutung. (hu) ++ende++


Herbert Unger – freier Journalist bei bkftv.at
herbert.unger@bkftv.at oder 06645344908
Meine Artikel: https://bkftv.at/author/hu/
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Vertrauliche Kommunikation über:
Threema ID hcclnoname: WUU3ZJJV
Signal-Messenger oder persönliche Treffen: Face-to-Face

Quellen:

https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/3189 https://epicenter.works/document/3737

https://bkftv.at/2020/12/22/covid19-screeningprogramm-eine-staatliche-rasterfandung/

https://www.a-sit.at/egiz/e-government-innovationszentrum-egiz/

https://eid.egiz.gv.at/

https://handbuch-ueberwachung.at/

https://bkftv.at/2021/03/28/bgld-digitalisierung-elga-der-gruene-pass/

https://bkftv.at/2021/05/20/dsgvo-epidemiegesetz-totales-systemversagen-im-gruenen-gesundheitsministerium/

https://bkftv.at/2021/06/13/3g-zertifikate-gruener-pass-hintergruende-zur-neuen-portalverbundanwendung-brz-epi/

https://bkftv.at/2022/12/10/erinnerungsbrief-digitale-staatliche-rasterfahnung-oder-buergerservice/

https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/news/news/news_3/Umstellung_von_Handysignatur_auf_E-ID.html?fbclid=IwAR38MOyL7iPPS9ftIqmwx0kfVfqLIOh0IPoxcweqES8Fu231Azfwj9EejJg

https://www.statistik.at/services/tools/services/amdc-mikrodaten-fuer-die-wissenschaft

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